Ibbenbürener Klippenlauf
„Nichts für Warmduscher – ein sehr schwieriger Traillauf“
Fast 3 Monate kein Wettkampf in meinem Tempo! Dies hat es in 11 Jahren nicht einmal gegeben. Nicht das man aus irgendwelchen gesundheitlichen Gründen nicht trainierte oder zu wenig Kilometer abspielte, nein es war eher die fehlende Lust. Auch beim Klippenlauf war dies der Fall. Dieser Lauf stand immer auf der „To-Do-Liste“ und im letzten Jahr sagte man ihn bereits ab. Und trotzdem war ich lange am überlegen, ob ich überhaupt starten soll. Aber der „innere Schweinehund“ sagte mir – jetzt komm mal langsam in die Gänge, machst Du dies weiter, läufst Du demnächst auf einmal gar keine Wettkämpfe mehr.
Da der Hermannslauf bereits im nächsten Monat vor der Tür steht, sollte der Ibbenbürener Klippenlauf eine ideale Vorbereitung hierfür sein. „Nichts für Warmduscher“ lautet die Überschrift des Veranstalters. Klar, man wusste das Höhenprofil von rund 500 Höhenmeter, aber was einen genau erwartete, darüber machte man sich eigentlich gar keine Gedanken. Erst als ich ein paar Tage zuvor mir die Streckenbeschreibung der einzelnen Klippen durchlas, da wurde ich richtig nervös: Das hat es in sich, das wird sicher sauschwer.
Auf 600 Teilnehmer ist das Starterfeld des Hauptlaufes limitiert und das ist auch gut so, denn einzelne Streckenabschnitte sind sehr eng zu laufen. Die Veranstaltung ist top organisiert – hier sieht man, hier sind richtige Läufer am Werk. Ein tolles Preisleistungsverhältnis. Mittlerweile sind die Startgelder bei vielen Veranstaltungen gut gestiegen, hier nimmt man an einen 24,7 km-Lauf mit guter Verpflegung und Streckensicherung für lediglich 12,00 Euro teil. Wenn man wünscht, kann man sich auch für lediglich 12,00 Euro ein tolles hochwertiges Funktionsshirt reservieren lassen.
Einen Tag vor dem Lauf wies der Veranstalter darauf hin, dass die Strecke „gut gewässert“ ist, man also mit sehr Matsch in den Wäldern rechnen muss. Wie sich nachher rausstellte, war dies nicht untertrieben.
Zunächst hatte man am frühen Samstagmorgen strahlenden Sonnenschein, aber je näher man zur Startzeit (14.00 Uhr Hauptlauf, 14.15 Uhr kleine Distanz) kam, umso useliger wurde es. Mein Schatz war als Groupie bei mir und das freute mich sehr, auch wenn ich merkte, dass es ihr in der Läuferseele sehr sehr weh tat, hier nicht zu starten. Aber es war schön sie als Motivation an meine Seite zu haben.
Gegen 11.30 Uhr fuhren wir in Richtung Ibbenbüren und das war in keinster Weise zu früh, denn der Parkplatz und auch die Halle einer Schule, wo man seine Startunterlagen abholte, war gut gefüllt. Für den geringen Startpreis bekommt man auch eine Brutto-Netto-Zeitmessung, was bei kleineren Veranstaltungen nicht so üblich ist. Ein Schaumstoff-Transponder wird am Laufschuh befestigt und sorgt für eine ordentliche Messung der Zeit.
Beim Einlaufen lief ich ein Stück über die Strecke und dachte mir sofort: Na prima – fängt sofort gut an. Kopfsteinpflaster und sehr uneben und rumpelig. Ich war lange am überlegen, läufst Du in normalen Laufschuhen oder in Trailschuhen ? Im Nachhinein muss man sagen: Dies wirklich eine richtig Trailstrecke und Trailschuhe sind hierfür angemessen.
Ein paar Minuten vor dem Start fing es dann auch an zu regnen. Die Strecke wurde weiter gewässert. Nachdem sich alle aufstellten, gab eine Schweigeminute für die Opfer der Flugzeugkatastrophe. Für einen Moment war man weg vom Laufen und war in einer anderen Welt mit anderen Gedanken.
Es sollte ein Trainingslauf werden, aber trotzdem hat man eine gewisse Zielzeit sich vor genommen. Bei mir war es eine Zeit um die 2:05 Std.! Für die Strecke hielt ich es für angemessen. Nach dem Start an der Ludwigschule ging es die „Groner Allee“ , die sich durch altes Kopfsteinpflaster auszeichnet vorbei an der Ludwig-Kirche, Richtung Autobahn A 30. Diese Brücke überquerten wir und erreichten einen sanften Anstieg in Richtung Teutoburger Wald. Hier hat man bei km 2 die 1. Klippe zu bewältigen, die Nordhang-Klippe, 600 m lang mit 60 Höhenmeter und einer maximalen Steigung von 14 %. Schon knackig, aber ich hatte mir vorgenommen, so viele Klippen wie möglich hoch zu laufen – wenn geht’s alle.
Ganz schön am Schnaufen war ich, aber geschafft. Es ging nun abwärts und es dauerte nicht lange und bei km 3,7 stand man auch schon vor der nächsten Klippe, der Brumley-Klippe. Jede Klippe wird mit einem Schild angekündigt und ich schluckte erstmal als ich las: 675 m lang, 45 Höhenmeter mit einer maximalen Steigung von 24 % (!). Es begann ganz human, man ahnt noch nicht was noch kommt. Der Waldweg wird immer steiler und auf den letzten 50 m steht die Klippe wie eine Wand vor den Läufern. Auch hier lief ich hoch, und ich war schon ein wenig stolz, diese so gut gemeistert zu haben. Es ging nun richtig steil bergab und man musste aufpassen. Wurzeln, Matsch, Steine – der Untergrund war der Hammer. Man musste höllsich aufpassen nicht zu stürzen.
Gerade erst war man von der Fünferkreuzung bergab gelaufen, begannt bei km 5,3 bereits die Postweg-Klippe. Hier gab es kein langes Vorspiel. Ich sehe das Schild und schlucke erneut – diesmal sogar 25 % maximaler Anstieg aber auf 350 m. Auch die Bodenverhältnisse sind hier schwierig, der Weg ist sehr steinig und ausgewaschen. Ich bin fast oben, aber die letzten paar Meter muss ich doch einmal kurz abstoppen. Trotzdem gut gemeistert. Das war schon ein Hammer. Als Belohnung wartet nach Überqueren des Postweges eine Getränkestation.
Das Abwärtslaufen ist teilweise ein „Brüller“. Irgendwo kommt es sogar vor, dass man Treppen herunterläuft, die irgendwo im matschigen Boden auftauchen. Man muss den gesamten Lauf aufpassen nicht zu stürzen.
Bei km 7 erreichten wir die Teutohang-Klippe. Die Strecke hatte sich über einen schmalen abschüssigen Hohlweg, dem sog. „Büffelstieg“, von Norden dem Postweg am Südhang des Teutos genähert. An der Einmündung Teutohang geht es aber gleich wieder hinauf. Über eine Länge von 450 m und einer Steigung von bis zu 17 % wird die Schutzhütte am Hermannsweg erreicht, die auf 50 m Höhe liegt. Der Weg ist hier recht breit und der Boden glatt und fest. Von nun geht es immer auf und ab und ich denke mir: Ist da die eine oder andere Klippe dabei ? Es kam kein Schild…..
Nein, das sind die normalen, nicht erwähnenswerten Anstiege, die einen auch viel abverlangen, aber nicht mit den Klippen zu vergleichen sind. Denn irgendwann bei km 10,5 nach einer scharfen Rechtskurve wird die Steinbruch-Klippe erreicht. Hier gibt’s zunächst eine Getränkestation. Die Steinbruchklippe ist die flachste Klippe zunächst auf Asphalt, später auf Schotter. Die Steigung nimmt langsam zu, erreicht aber nur 8 %. Dafür ist sie mit 1.600 m recht lang und zermürbend.
Auch hier komme ich wieder gut hoch. Was mir Probleme bereitet sind Seitenstiche, die ich zwischendurch habe. Erhöhe ich beim Abwärtslaufen das Tempo muss ich es reduzieren. Nachdem man die Fischteiche im nördlichen Teil des Teutos hinter sich gelassen hat, begann auf ausgewaschenem und wurzeligem Untergrund die Fischteich-Klippe. Der Weg ist teilweise schmal, überholen ist nicht immer problemlos möglich. Aber ich brauche gar nicht ans Überholen denken, was vor mir und hinter mir ist, läuft in etwa mein Tempo – da legt keiner Wert darauf zu Überholen. Manchmal ist der eine oder andere die Klippe am Hochgehen und holt einen wieder beim Abwärtslaufen ein. Auf einer Länge von 700 m sind Abschnitte mit bis zu 15 % Steigung zu bewältigen, um bei km 14,4 wieder auf den Hermannsweg zu gelangen. Jetzt, nach 6 Klippen, begann der Klippenlauf erst richtig.
Ich war am Überlegen – wo hieß es ging es erst richtig knackig los ? Nach der 6. oder nach der 7. Klippe ? Ich brauchte gar nicht lange überlegen, denn von nun an waren alle restlichen Klippen die „Hölle“.
Die 7. Klippe – die Kaiserei-Klippe. Zuvor hatte man dass steile Gefälle der Postwegklippe mit Getränkestation. Es geht hammersteil Abwärts, ich habe sehr viel Respekt und renne nicht wie wild herunter. Ich will nicht auf die „Fresse fliegen“.
Bei km 15,9 wird der Boden langsam wieder fester und es beginnt die Kaiserei-Klippe, die sich über 850 m hinzieht und zum Schluss nach einer Steigung von 22 % wieder auf der Fünferkreuzung mündet. Hier laufe ich nicht mehr hoch. Ich stoppe zwischendurch ab, kraxel diese Klippe hoch mit Traben, Gehen, Traben – mittlerweile war ich platt. Aber mir geht es nicht alleine durch. Manch einer schafft es hier hoch zu laufen, andere machen es wie ich. Noch 2 Klippen !!!
Aber es wird noch schlimmer!!
Die Hassberg-Klippe ist die „Königsklippe“ und die Krönung der Brumley-Schleife. Sie trägt ihren Namen nicht ohne Grund. Am Südhang des Teutoburger Waldes, nach 18,2 (5,9) km Quälerei, steht diese Klippe wie eine Wand vor den Läufern. Der Weg ist recht schmal und ausgewaschen. Hier wird es bei 20 % Steigung richtig fies. Nach 400 m ist die Fünferkreuzung erneut erreicht, und es geht direkt wieder steil bergab... Doch auch hier muss ich Pausen einlegen……nur noch eine !!
Hat man erneut den Fuß des Südhangs erreicht, wartet bei km 19,6 (7,2) die letzte Klippe. Die Wurzel-Klippe ist nicht zu unterschätzen. Die Bodenverhältnisse sind extrem schwierig, man läuft praktisch nur auf ausgewaschenen Baumwurzeln. Auch die Steigung auf diesem letzten Stück hat es mit 18 % noch einmal in sich. Schlimmer aber ist, dass man noch nicht oben ist, wenn man meint, man ist oben. Über einen weichen, schmalen Single Trail erreicht man die Schutzhütte am Hermannsweg, verlässt ihn dann aber Richtung Norden, um das letzte steile Teilstück zu erklimmen. Man erreicht noch einmal den höchsten Punkt der Strecke, um dann den Teuto nach Norden hin wieder zu verlassen. Geschafft !! Geschafft ! Ich freu mich wie Bolle !!! Es geht nun sehr lange Bergab und ich komme zwischendurch noch mal gut auf Geschwindigkeit. Die gewünschte 2:05 Std. ist drin, aber es wird knapp.
Trotz der 9 Klippen komme ich die Autobahn-Brücke locker hoch, es geht entlang eines Waldstückes wieder in Richtung Ludwigschule. Angelika steht hier an der Baumallee und muntert mich nochmal auf die letzten Meter auf. Die Uhr tickt unaufhaltsam und obwohl der letzte Kilometer um die 4:45 Min. ist, unter 2:05 ist nicht drin – aber eine gute 2:05:33 Std. !
Eine Hammerstrecke, unbeschreiblich – ich versuche Euch ein wenig vom Untergrund und von Klippen darzustellen. Aber auf Bildern ist dies numal schwer – man muss es selbst ein Mal gelaufen sein. Und dann aber am besten mit Trailschuhe.
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