Aufregung pur !
Die beiden Laufsüchtigen in New York - nun gehts endlich los. Zehn Tage vor dem Marathon spüre ich eine Erkältung! Starke
Halsschmerzen in der Nacht, die Nase ist dicht ! "Das fehlt mir jetzt noch!" Ein Event, was für mich sicherlich nur einmal im Leben vorkommen wird und dann falle ich wegen einer Erkältung aus ?
Es ist nichts gravierendes, doch ich habe Angst das es sich verschlimmert. Ich lasse das Training komplett ausfallen, schone mich nur noch. Halstabletten, Tabletten auf pflanzlicher Basis für die
Nasennebenhöhlen, Inhalieren, verschiedene Kräutertees und Schnupfenspray. Das volle Programm, die ganzen Tage! Das muss helfen.
Ich laufe nicht in meinem Tempo, trotzdem soll man sowas nicht nunterschätzen. Soweit fühle ich mich sehr gut, es ist einfach die Nase und der Hals.
Zwei Tage vor dem Abflug fühle ich mich wieder richtig gut, die Erkältung ist weg - doch nun habe ich starke Zahnschmerzen! Irgendwie kommt immer was neues in dieser Vorbereitung - diesmal wird
alles bisherige voll getoppt.
Ich denke aber die Zahnschmerzen hängen mit meinen verstopften Nasennebenhöhlen in Verbindung und bin weiterhin voller Zuversicht. Die Tabletten auf pflanzlicher Basis, welche ich in der Apotheke
bekommen habe, kann ich sogar - laut Apothekerin - bis zum Marathon nehmen.
Die Koffer sind gepackt und wer denkt, man fliegt hier "nur" zu einem Lauf und da wenig Wäsche dabei, sieht sich getäuscht. Proppevolle Koffer, das Wetter in New York soll sich ständig unerwartet
ändern. Was morgens angegeben wird, kann schon Mittags nicht mehr passen. Daher warme Laufsachen und kurze Laufsachen - für Läufertemperaturen. Gleichzeitig sind 3 Läufe geplant: Der
Trainingslauf mit Herbert Steffny, der Friendshiplauf zum UN-Gebäude und der Marathon. Erlaubt sind als Einreise in die USA: 2 x 23 Kilo - aber pro Person sowie 1 mal 8 kg Handgepäck. Soviel
haben wir nicht, aber trotzdem sind die Koffer verdammt schwer geworden.
Früh morgens soll es losgehen. Der Flug geht um 12:05 Uhr, aber man wird darauf hingewiesen, 3 Stunden vorher da zu sein. Unseren Wagen parken wir in Essen bei Brigitte in der Tiefgarage.
Ideal - da steht er genau richtig, schon recht wegen unserer ständigen Baustelle vor der Haustür.
Alles bis in Detail geplant, Anschlußzüge von Essen aus und rechtzeitige Ankunft am Schalter im Flughafen. Was eine Katastrophe ist: Die Koffer die Treppen in Essen hochschleppen - es gibt dort
zur Zeit keine Rolltreppen. Der Umbau des Bahnhofs ist noch im vollem Gange. Irgendwie bekommen die schweren Koffer meiner linken Schulter nicht. Aber was nun hinzukommen ist: Angelika hat in der
Nacht starke Halsschmerzen bekommen und die Nase ist dicht. Am Bahnhof besorgen wir uns noch im Drogeriemarkt einige Medikamente dafür und nach dem nächsten Schock: 38 Euro Fahrtticket von Essen
bis Düsseldorf-Flughafen, gehts los !
Die Bahn und die Vestische sollen sich nicht wundern, wenn die Leute weiterhin mit dem eigenen Fahrzeug fahren. Das ist eine absolute Unverschämtheit.
Am Flughafen Düsseldorf gehts mit dem Skytrain weiter! Super schnell und wir sind genau nach Plan am Check-In-Schalter - oder doch noch nicht ? Einen richtigen Check-In-Schalter gibts gar nicht.
Am Lufthansa-Schalter stehen nur noch Automaten, die die Personen am Schalter entlasten sollen (oder sagen wir einfach mal - um Arbeitsplätze einzusparen). Eine Angestellte von Lufthansa hilft
uns, bevor wir gerade bei der Anreise in die USA etwas falsch machen, stellen wir uns doof und lassen es uns zeigen. Die Reisepässe werden auf diesen Automaten gelegt und eingescannt. Es folgt
eine Anzeige der Plätze in der Maschine und man kann nun selbst wählen wo man sitzen möchte. Nach weiteren Schritten und Angaben werden die Boardkarten automatisch ausgedruckt. Koffer aufgeben,
weitere Zollkontrollen und endlich sitzen wir in der Wartehalle. Jetzt haben wir Zeit ohne Ende. Ein kleines Nickerchen - denn wenn wir ankommen, wird es ein langer Tag. Irgendwie kann man es
sich nicht vorstellen, soviele Stunden auf den Beinen, die Zeitumstellung, die seltsame Verpflegung dort (dazu später mehr) viel auf Achse und dann einen Marathon laufen, der vom Profil her sehr
schwierig ist. Ich bin der Meinung, wer hier auf Zeit läuft, muss viele Abstriche machen. Es sei denn, wer möchte nicht viel von New York, sehen und hält sich an Schlafenszeiten und Ernährung
genau wie zu Hause. Doch, sowas haben wir gar nicht vor. Wir wollen New York erleben und richtig Spaß an diesem Marathon haben. Notfalls walken wir den Marathon zu Ende, das ist uns
piepegal.
In der Wartehalle treffen wir Jens und Bettina aus Paderborn. Jens kennen wir vom Paderborner Osterlauf und beide sind im gleichen Hotel untergebracht wie wir. Sie haben schon ein wenig mehr
Amerika-Erfahrung wie wir und geben uns den einen oder anderen Tipp.
Nach einem Quätschen gehts dann endlich los. 8:52 Stunden Flugdauer, man darf gar nicht dran denken.
Im Gegensatz zu Kurzstrecken sind die Lufthansa-Maschinen für lange Reisen ein wenig komfortabler ausgestattet. Jeder Sitz hat in der Kopfstütze einen Monitor, wo man unter aktuellen 12
Kino-Filmen wählen kann oder vielen weiteren Unterhaltungsprogrammen. Irgendwie muss man diesen Flug ja rumkriegen. Die Maschine ist voll mit Läufern und vielen, die zum ersten Mal über den
großen Teich fliegen, sind genauso nervös wie wir. Auch das Essen ist wesentlich komfortabler, Getränke werden ständig angeboten.
Im Flieger bekommen wir unsere Einreiseformulare ausgehändigt, welche wir vorab ausfüllen sollen. Eine Extra-Anleitung über den Monitor und der Hinweis - ein kurzes Verschreiben - sofort neues
Formular ausfüllen. Die Amerikaner sind ganz genau ! Das Einreisevisum (ESTA) haben wir zwar übers Internet bereits ausgefüllt - doch hier zwei weitere Formulare hinzu. Unter anderen die
Zollbestimmungen und einige Fragen, die eigentlich keiner mit JA beantwortet. Beispiel: Waren Sie jemals oder sind Sie gegenwärtig an Spionage- und Sabotageakten, an terroristischen
Aktivitäten oder an Völkermord beteiligt ?
Bei dem Formularen ist darauf zu achten, das die Zahl 1 nur als Strich , die 7 ohne Querstrich und die 4 nicht wie hier jetzt dargestellt wird - gekennzeichnet wird. Ich lasse mich über den
Monitor alles anzeigen, fülle alles normal aus, fast fertig verhaue ich mich gewohnheitsmäßig mit einer Zahl. Neues Formular !! Angelika das gleiche Bild !! Naja, wir sind nicht die einzigen:
Überall werden neue Formulare von der Besatzung angefordert und irgendwann schaffen wir es doch diesen ganzen Papierkrieg zu bewältigen.
2 Kinofilme und etliche Zeitschriften - die Zeit geht doch erstaunlich schnell rum. Neben dem Zahnschmerzen, schmerzt irgendwie meine Schulter. Vielleicht sind es auch die vielen Stunden in der
Maschine. Hier ist es jetzt 16:50 Uhr und wir haben beim Landeanflug schon einen Wahnsinnsausblick auf die Skyline von Manhattan !
Auf dem Flughafen von Newark tummeln sich etliche tausend von Leuten bei der Einreise. Viele Schalter und doch geht es relativ flott voran. An verschiedenen Tafeln wird auf die Vorgehensweise an
den Schaltern hingewiesen. Erst Abdruck der 4 Finger der rechten Hand, dann den Daumen der rechten Hand - das gleiche für die linke Hand und ein Foto wird gemacht. Schaun wir mal - die Spannung
steigt nun doch erheblich, schon recht als ich sehe, dass mein ausgedrucktes ESTA-Formular ein wenig anders aussieht wie bei den anderen Reisenden. Wir kommen an dem Schalter und Angelika bekommt
sofort einen Rüffel von dem streng guckenden Zöllner: Immer erst einer vortreten. Als er fragt ob wir verheiratet sind, darf sie vortreten. Einscannen der Pässe, kontrollieren der Forumulare und
dann darf ich nach den Fingerabdrücken in die Kamera schauen. Bloß nicht lächeln, sonst kriegst Du auch noch einen Rüffel, weil Du vielleicht die Amis nicht für ernst nimmst, denke ich mir. Ich
werde gefragt nach dem Grund meiner Einreise und als ich erwähne, dass Angelika ebenfalls den Marathon läuft, kommt es mir vor, als ob er mir das nicht glaubt. Jedenfalls wird Angelika nach ihrem
Abdrücken prompt von dem Zöllner in einem anderen Raum abgeführt. Ich solle warten! Jetzt ist genau das passiert, wovor wir immer Angst hatten. Ich stehe hier wie bestellt und nicht abgeholt und
warte. Nach einiger Zeit kommt der Zöllner zurück und schickt mich weg zur Gepäck-Ausgabe. Was soll der Mist ? Ich gehe doch hier nicht alleine weiter. Ich muss ! Die Koffer sind schnell da - nur
Angelika nicht. Meine Vermutung, vielleicht kommt sie durch einen anderen Raum zu der Gepäckausgabe, bestätigt sich nicht. Mittlerweile sind fast alle abgefertigt und hat seine Koffer, nur sie
ist immer noch nicht da.
Mein Herz rast bis ins unermeßliche: Das hat uns noch gerade gefällt. Als sie endlich die Rolltreppe herunterkommt, fällt mir ein Stein vom Herzen. Sie wurde einer Einzelbefragung unterzogen in
einem Nebenraum. Leider ist ihr englisch, nicht zu gut wie meines und sie hatte wohl einige Probleme alle Fragen so zu beantworten, wie die Zöllner es wollten. Irgendwann kann sie gehen -
der erste Schock sitzt jedenfalls. Und zum ersten Mal denke ich: Die Amerikaner leiden unter Verfolgungswahn. Wie sich in den nächsten Tagen herausstellt, habe ich da Recht.
In der Wartehalle ist schon das Team von InterAir und sammelt alle Läufer ein. Alles perfekt organisiert. Jetzt beginnt unser Trip ! Wir treffen aus dem Forum "CentralParker und auch Jens und
Bettina sind da. Mehrere Busse von InterAir gechartert machen sich auf dem Weg. Allein über InterAir nehmen 700 Teilnehmer an dem Marathon teil. Aber trotz dieser vielen Teilnehmer, die
Organisation von denen ist nahezu perfekt. Nach einer Fahrt durch die Rush-Hour von New York kommen wir in unser Hotel an. Holiday Inn-Express, mitten auf der Fifth Avenue, total central gelegen,
nur ein paar Minuten vom Times Square und dem Rockefeller Center.
An der Rezeption geht alles ganz flott und wir bekommen ein Zimmer direkt im Erdgeschoss. Zunächst denken wir: Cool, kein langes Warten am Fahrstuhl und auch am Marathontag, wenn jeder aus allen
Etagen aus diesem mehr als 20stöckigen Gebäude nach unten fährt, können wir vielleicht ein paar Minuten länger schlafen. Wie sich nachher herausstellen wird - ist das Zimmer im Erdgeschoss eine
reine Katastrophe.
Das Zimmer ist sehr schlicht, soll aber laut Jens und Bettina für amerikanische Verhältnisse schon sehr gut sein. Ich finde es einfach nur klein und dunkel. Fenster lassen sich nicht öffnen und
die Klimaanlage macht einen Krach wie ein oller Traktor. Die wird erstmal ausgeschaltet. Die Schubladen kann man nicht Schubladen nennen, so klein sind diese. Auch die Platzenge vom Bett und
Schrank sind schlimm. Wir kriegen nur mit Mühe unsere Klamotten verstaut und werden in den nächsten Tagen alles nur ständig suchen.
Da wir völlig aufgedreht sind und es kaum erwarten können, New York zu sehen, sind wir sehr schnell wieder aus dem Hotel um die Nahe Umgebung kennenzulernen. Außerdem wollen wir noch etwas
futtern und was zu trinken holen.
Wir schlendern die Fifth Avenue herunter. Hier reihen sich die ganzen Nobelmarken wie Armani, Escada, Prada und Tiffany. Die Fifth-Avenue allein zieht sich etliche Kilometer durch die City. Der
angrenzende Broadway am Time Quare ebenfalls.
Nur ein paar Minuten entfernt ist das Rockefeller-Center! Bisher kannte man es nur von Bildern und nun steht man selbst davor: Einfach cool ! Vor dem Gebäude die bekannte Eisfläche und überall
tummeln sich etliche tausend Menschen. Alles was man nur aus dem "Hören/Sagen" kennt ist hier Wirklichkeit. Wir schießen jetzt schon etliche Fotos. Was man hier sieht, ist das einfach
Unvorstellbare. Natürlich sind auch viele Kitsch-Läden hier, wo man riesige Freiheitsstatuen, kleine Empire-State-Buildungs, Schlüsselanhänger u.a. anderes kaufen kann.
Viele Orte kennt man aus Kinofilmen und an jeder Ecke denkt man immer: Wahnsinn, was ist das für eine Stadt. Diese Stadt schläft scheinbar nie. Im Gebäude des Rockfeller Centers sind die
NBC-Fernseh-Studios, gegenüber liegt Radio-City-Hall.
Alles ist hier ungewöhnlich, die Autos, die Gebäude und die Menschen. Was uns auffällt: An jeder Ecke stehen Polizisten oder Sicherheitskräfte. Hier wird auf alles und jeden ein Auge
geworfen.
Nur ein paar hundert Meter sind wir auf dem Times Square. Es ist überall einfach nur Superlative. Ein Riesengeschäft für M & M, Riesenkinowerbung, Geschäfte ohne Ende.
Hier kann man wirklich stundenlang "Input" machen! Nachdem wir uns in einem Supermarkt noch Wasser besorgt haben - stolzer Preis 3 Dollar für stilles Mineralwasser, gehts in einem Deli-Shop der
Kette Sbarro. Wir wollen uns so langsam auf Nudeln und Pizza einstellen. Alles ganz nett, doch auch hier stellen wir fest, mit dem "Essen" haben die Amerikaner es nicht so: Ich esse
Nudeln/Tomatensauce mit Frikadellen (!!). Die Amerikaner mögen das scheinbar. Man kann es essen, doch die fetten 4 Frikadellen passen meiner Meinung nach nicht so unbedingt dazu. Hinzu kommt es,
dass das Essen mehr kalt als warm ist. Angelikas Pizza ist ganz o.k. ! Auch hier ein stolzer Preis, aber darauf waren wir vorbereitet. Die ersten Dollar sind weg und man muss sagen: Es ist alles
aufregend, aber wir kommen hier gut zurecht mit unseren Englisch. Was aber auch daran liegt, dass die Freundlichkeit an Touristen sehr gut ist.
Was bei Kontrollen bei Besichtigungen übertrieben wird, sind die Kontrollen bei der Hygiene wohl Mangelware. Es sieht zwar in vielen Deli-Shops sehr lecker aus, aber die Beschäftigten sind viel
an manschen und patschen, was dem Appetit nicht unbedingt steigert. Die Tische an denen wir sitzen sind dreckig und nicht abgewischt, aber hauptsache wir werden satt. Eigentlich widersprüchlich,
denn auf den Straßen wird sehr viel auf Sauberheit gelegt, hier liegt kaum etwas rum. Ständig sind irgendwelche Personen mit der Kerrschaufel unterwegs.
Der erste Tag war schon ein Erlebnis und Spannung pur. Wir gehen zum Hotel zurück, schließlich wollen wir schon in ein paar Stunden zum Trainingslauf mit Herbert Steffny.
Die Nacht wird sehr kurz werden, aber das steht auf dem nächsten Tagesabschnitt.