Berlin-Marathon
Roland ertrinkt im Berliner Monsum-Regen....
So etwas habe ich noch nie erlebt. Vor dem Start Regen, die gesamten 42,2 km Regen und im Zielbereich Regen. Regen macht mir
normalerweise nicht viel aus - aber das war nicht zu toppen ! Versunken in Riesen-Pfützen und zentnerschweren nassen Laufschuhen. Ständig umkurven von tiefen "Seen" - das braucht kein
Mensch.
Als wir am vergangenen Mittwoch auf der Autobahn in Hannover in einer Vollsperrung ganze 7 Stunden bis spät abends auf der Autobahn feststeckten, dachten wir schon: Uiih und morgen Nacht schon
wieder um 3:00 Uhr raus - ob das mal so ideal ist.....
Von Donnerstag auf Freitag, war somit nicht viel mit schlafen. Raus aus den Federn, Wagen wegbringen und ab in den Flieger.
Zumindest gut, dass wir uns für`s fliegen entschieden hatten. Eine weitere Stundentour durch Baustellen und Staus, und ich hätte einen an die Nerven bekommen.
In Berlin angekommen holten wir uns ein 7-Tage-Ticket und gingen wir erst einmal frühstücken, denn bis wir in unsere Ferienwohnung konnten, dauerte es noch ein Stündchen. Kleine - aber feine
Ferienwohnung im Ortsteil Lichterfelde kurz hinter Steglitz. Die freundliche Vermieterin empfing uns mit Vitaminsaft und Schokolade. Toll ! Das nenne ich Gastfreundlich ! So kann es weitergehen.
Mit Bussen und U-Bahn ist Berlin eine Stadt der kurzen Wegen. Innerhalb von wenigen Minuten konnten wir jeden Anschluss bekommen und mussten nicht lange warten.
Die Marathon-Messe fand am alten Flughafen Tempelhof statt. Drei große Hallen plus den Außenbereich mit Showprogramm und alten Flugzeugen (siehe Foto). Viel zu stöbern, manche kleinen Angebote - und zudem gab es bei New Balance ein kostenloses Berlin-Shirt. Das wars aber auch. Der Starterbeutel war mehr als bescheiden. Ich erwarte keine Präsente oder ähnliches, aber wenn ich das mit Frankfurt vergleiche - so kann ich für den Preis ein wenig mehr verlangen. "Ein Läufer würde sich auch schon über ein dusseliges Cappy mit Berlin-Aufschrift freuen oder einen Schweissband" ! Da brauche ich kein Probe-Gel mit Tomatengeschmack im Beutel! Noch ein Vergleich zu Frankfurt: Dort gab es eine Pasta-Party mit Verzehrgutscheinen. Eine tolle Voratmosphäre ! Und wie gesagt, Frankfurt ist wesentlich preiswerter, bietet aber wesentlich mehr. Da lasse ich auch die große Teilnehmerzahl als Gegenargument nicht gelten.
Das Wetter war am Freitag noch hervorragend, dass sollte sich danach aber schlagartig ändern. Wieder zurück zu unserer Ferienwohnung gab es erstmal Pasta bis zum Abwinken und ab in die "Falle".
Der Samstag begann trüb und entwickelte sich zu einem Dauer-Monsum-Regen. "Prost Mahlzeit" - wenn das so Sonntag regnen sollte, dachten wir. Zunächst starteten wir unseren kleinen gemeinsamen eigenen "Frühstückslauf" über 4 km über den Fichtenberg durch Lichterfelde und zurück. Nach dem ausgiebigen Frühstück, ein kleiner Abstecher zum Brandenburger Tor und anschließend machten wir uns über die Gegebenheiten im Start- und Zielbereich schlau. Regen - ununterbrochen ! Wir rechneten unsere Fahrtzeit zum Start aus und fragten einen muffeligen Busfahrer, ob unser Bus auch "normal" morgens fahren würde. Mit seiner ungenauen Antwort, konnte man nichts anfangen - es schien eher, er wisse es selber nicht. Wir machten uns aber keinen Kopf darum, denn eigentlich war unsere Busverbindung weit vom Marathon entfernt. So dürfte es keine Probleme geben.
Abends in der Ferienwohnung wollten wir besonders gut gehen lassen: Füsse hoch legen und den Bringservice der nächsten Pizzeria anrufen. Pizza und Nudeln. Beide waren wir einer Meinung: Das war die schlechteste Pizza und die schlechtesten Nudeln mit Bolognese-Sauce, die wir je in unseren Leben gegessen hatten. Nicht ärgern - ab ins Bett, denn um 5:00 Uhr sollte uns der Wecker wieder aus den Träumen reißen.
Wir hatten alles schon tagszuvor vorbereitet, ob Startnummerbefestigung und Kleiderbeutel - alles eigentlich perfekt. Als wir um 6:00 Uhr das Haus verließen und in Richtung Bushaltestelle marschierten, war der Dauerregen weiter am wüten. 6:20 Uhr sollte der Bus normalerweise kommen. Weit und breit kein Bus in Sicht. Um 6:40 Uhr stiefelten wir dann mit unseren fetten Kleiderbeutel, der nun auch mit Ersatzschuhen wegen dem Regen gefüllt war, in Richtung Steglitz. Toll ! So etwas brauch man am Marathon-Tag: Ein Bus der nicht fährt und worauf nicht hingewiesen wird.
In Steglitz angekommen ging es per U-Bahn weiter in Richtung Zoologischer Garten, umsteigen in die nächste Bahn und nun in Richtung Potsdamer Platz. Von hier an zogen die Massen in Richtung Kleiderbeutelaufgabe. Das Wetter war einfach eine Katastrophe ! Die ersten nassen Klamotten gewechselt, noch einmal zum Dixie, die Zeit raste davon. Angelika musste noch in einem anderen Bereich ihren Beutel aufgeben und so mussten wir uns schon rechtzeitig trennen. Die rund 40.000 Teilnehmer merkte man an jeder Stelle - alles einfach brechend voll. Ein Gedränge auf dem Weg zum Wald, wo die einzelnen Blöcke getrennt wurden. Nachdem es für ein paar Minuten auf gehört hatte zu regnen, ging es nun wieder kräftig los. Ich hatte Steinfurt vor ein paar Jahren noch im Kopf - dies war auch ein Regenmarathon, aber Berlin sollte es noch toppen.
In meinem Startblock war es eng - aber zumindest konnte man auf einer Seite zunächst noch ein wenig traben. Es war einfach nur uselig - da nutzte es nichts, dass ich über den alten Wegwerf-Pullover noch eine Regenfolie trug. Der Startschuss fiel und kaum war ich über die Startlinie, musste ich "Pippi". Prima ! Astrein !! Wenn das so weitergeht, denke ich mir. Von der Siegessäule ist nicht viel zu sehen. Sie ist umhüllt von Gerüsten. Nach 800 m spring ich in die Büsche. Der 1. Kilometer ist somit schon jetzt rund 30 Sekunden langsamer als geplant. Aber im laufe der nächsten Kilometer kann ich diese ja langsam wieder rausholen - machte mir somit keine großartigen Gedanken darüber. Trotzdem fiel es mir gar nicht so einfach, jeden Kilometer ein paar Sekunden rauszuholen. Ich lief zwar relativ frei, musste jedoch ständig riesigen Pfützen ausweichen. Ein ständiges Slalomlaufen um "große Seen". Teilweise springt man darüber - unter angenehmen Laufen verstehe ich was anderes. Die beiden Straßenseiten treffen zusammen und nun wird es auch in meinem Bereich ein wenig enger. Der Regen prasselt herunter, mein Cappy ist schon jetzt durch geweicht. Die Stimmung an der Strecke ist gewaltig und das trotz des schlechten Wetters. Ich habe eine Wegwurf-Pulle bei mir. Statt an dem 1. Verpflegungspunkt einen Plastikbecher zu nehmen, nimm ich meinen eigenen Drink und laufe durch. Plastikbecher - zudem bis oben gefüllt !! Warum keine Pappbecher, die halb gefüllt sind und wo jeder Läufer ihm zum trinken im Laufen biegen kann ? Die ersten 5 Kilometer sind vorbei: Auf die Sekunde genau erreiche ich meine Vorgabe von 23:00 Minuten. Kilometer 6 geht es nunmehr ans Bundeskanzleramt vorbei - ein Gebäude was wirklich nicht schön ist. Ein Überbleibsel von Helmut Kohl. Manchmal wirds wieder eng, an der nächsten Verpflegungsstation nehme ich ein Schluck Wasser. Der eine oder andere Kilometer geht ein wenig flotter, es fällt manchmal schwer das richtige Tempo zu finden, da man in der Masse läuft. Meine Garmin ist völlig unbrauchbar, ich bin jetzt schon über 100 m mehr gelaufen als die Beschilderung es aussagt. Kilometer 10 bei 45:35 Min.! Ein Ticken zu schnell, ich nehme ein wenig Geschwindigkeit wieder heraus. Das klappt auch zunächst alles prima! Wenn der nächste Split bei 23:00 Min. liegt, passt es prima ! So ist es auch: Kilometer 15 bei 1:08:34 Std. - der Split genau bei 22:59 Min. ! Trotzdem strengt es einfach an ständig unruhig Slalom durch die Masse zu laufen oder über Pfützen zu springen. Aber warum mache ich mir eigentlich einen Kopf ? Es läuft doch ideal - besser gehts nicht.
An den meisten Getränkestationen nehme ich einen Schluck zu trinken und düse weiter. Auch wenn die Stimmung wirklich klasse ist, richtig Spaß macht es nicht! Das Wetter ist einfach unerträglich. Der nächste Split in 22:52 Min. ! Alles passt! Hier nehme ich mein erstes Gel. Wir sind durch Kreuzberg durch. Bei Halbmarathon 1:36:30 Std. - Vorgabe war 1:37:00 ! Nur knapp über 1 Sekunde schneller pro Km, alles o.k.! Die Stimmung an der Strecke wird immer besser und bei km 25 passt auch der nächste Split mit 23:22 Min.! Auch der Split bei km 30 ist mit 23:32 Min. - aber doch ein paar Sekunden langsamer. Trotzdem denke ich mir, ich liege voll im Soll - mache Dir keine Sorgen. Es geht von dem Hohenzollerndamm auf den Kurfürstendamm. Von weitem erblickt man die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Ich verliere bei Kilometer 35 weitere 35 Sekunden auf 5 Kilometer. Hört sich nicht nach viel an - aber nunmehr hinke ich einige Sekunden hinter her. So langsam merke ich die Strapazen und denke mir: Nimm einfach ein wenig Tempo raus - besser als eine Gehpause. Letztlich eine falsche Entscheidung! Bei den Marathons wo ich eine Gehpause einlegte, erholte ich mich schneller und konnte wieder beschleunigen. Hier bleibe ich einfach in dem Tempo, was viele neben mir auch bestreiten. Mir kommt es immer noch schnell vor, ist es aber nicht. Nunmehr durchzieht die Laufstrecke einen üblen Geruch. Ich denke mir: Booh ist hier eine Kläranlage oder ähnliches, das ist ja grausig. Wie halten es die Zuschauer hier nur aus ? Komischerweise endet der Gestank nicht. Das Publikum gröhlt !! "Ja Mensch, riecht ihr das hier nicht ?" Nach 2 weiteren Kilometern denke ich mir: Das kann kein Abwasserrohr sein, keine Kläranlage - und im selben Augenblick sehe ich das Übel vor mir: Eine Läuferin hat sich von oben bis unten wörtlich "vollgeschissen". Die braune Brühe trieft bis in den Schuhen. Die kurze Short hat einen riesigen braunen Fleck und die Beine völlig verschmiert. Ich wechsele nun ständig die Seite, aber der Duft verfolgt mich. Immer wieder setzt sie sich vor mir.
Mittlerweile habe ich die Lust so richtig verloren. Von oben schüttet es, vor mir stinkt es, Cola gibts auch keine und eine persönliche Bestzeit habe ich soeben auch in den Sand gesetzt. Der 5 km-Split bei Km 40 katastrophale 25:40 Min.! Ich habe alles auf den letzten Kilometern verspielt. Es geht um den Gendarmenmarkt, obwohl den nehme ich eigentlich gar nicht war, auf die französische Straße. Von weitem erblickt man das Brandenburger Tor. Heute ist es zeitweise umhüllt von einen üblen Geruch :-) Das Publikum ist einsame Spitze, Gänsehautfeeling, was ich aber leider nicht genießen kann - da ich einfach nur schwer enttäuscht bin. Ich bin enttäuscht über mich selber. Ich kann mich über diese Zeit nicht freuen, in keinster Weise. Ich bin stinksauer. Keine Ahnung woran es gelegen hat: Die Hannover-Tour, das nicht immer gut laufende Training, zu wenig lange Läufe über 30 km, der 10er-Wettkampf Freitags zuvor oder einfach das Wetter und ständige Slalom-Laufen. Ich weiß es nicht, vielleicht von allem etwas - ich will es aber auch nicht mehr wissen. Bis Kilometer 35 klappte alles prima - danach war aus dem Duracell-Hasen die Luft raus. Der erste Marathon, der keinen Spaß gemacht hat und das von Anfang an. Der stundelange Regen hat kräftig dazu beigetragen. Einen Marathon auf 3:15 angehen werde ich nicht mehr, dafür ist mir der Aufwand einfach zu groß um es dann doch nicht zu schaffen, aus welchen Gründen auch immer. Irgendwas passiert bei uns immer und haut uns dazwischen. Also ---- abharken.......
129. Wettkampf | Datum | Distanz | Zeit | Geamtplatz | AK-Platz |
26.09.2010 | Marathon | 3:18:41 Std. |
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